In Conakry steigen die Mietpreise ins schier Unermessliche. Wir schätzen, dass sie sich in den letzten zehn Jahren verdoppelt haben!
Und dabei spielt es keine Rolle, ob in dieser Zeit mehrere unterschiedliche Mieter im Haus gewohnt haben oder es immer der gleiche Mieter war. Es gibt keinerlei Reglementierung, so dass jeder Hausbesitzer die Mietpreise erhöhen kann, wann und wie er will. Der Grossteil der Bevölkerung leidet darunter, aber besonders betroffen sind natürlich die Ärmsten. Die meisten Vermieter sind Muslime. Viele von ihnen vermieten grundsätzlich nicht an Christen, einige tun das schon – allerdings nur an solche Christen, die aus einer nicht muslimischen Volksgruppe kommen. An jemanden, der im Islam aufgewachsen ist und sich dann für Jesus entschieden hat, vermietet im Allgemeinen keiner. Um solchen Personen helfen zu können, haben wir letztes Jahr auf einem Gelände der MPA (Name von SAM global in Guinea) kleine Wohneinheiten gebaut. Dort können nun bis zu vier Familien und ein Ehepaar wohnen. So haben sie nicht nur ein Dach über dem Kopf, sondern sind auch nicht mehr willkürlichen Mieterhöhungen ausgesetzt. Ausserdem können sie ihren Glauben frei leben und keiner kann ihnen verbieten, beispielsweise während des Ramadans zu kochen.
Beschützt und in Sicherheit
Der Ehemann von H. war zwar Moslem, hat aber akzeptiert, dass seine Frau sich für Jesus entschieden hat (was eine grosse Gnade war, denn das geht bei weitem nicht allen so). Solange er lebte, stand sie unter seinem Schutz. Als er vor einiger Zeit starb, wurde der Druck auf H. immer grösser. Ihre Familie, die Schwiegerfamilie und auch Nachbarn haben ihr massiv zugesetzt und gedroht, ihr den Kopf zu scheren und sie mit diesem Schandmal durch die Kleinstadt zu führen. Sie war so dankbar, dass sie Ende letzten Jahres mit ihren drei Kindern nach Conakry umziehen und in die erste der fertiggestellten kleinen Wohnungen einziehen konnte.
Kampf gegen Genitalverstümmelung geht weiter
In Guinea ist es offiziell verboten, Mädchen zu beschneiden. Trotzdem wird dieser Brauch sowohl von Muslimen als auch von Christen im grossen Stil weitergeführt. Wir sind sehr dankbar für die Pastoren Esaïe und Simon-Pierre, die im Rahmen der Ehe- und Familienarbeit unermüdlich gegen die Genitalverstümmelung kämpfen. Sie machen ihre Arbeit vollkommen selbständig und schicken uns halbjährlich ihre Rapporte, was in Guinea noch eher eine Ausnahme ist. Da merkt man, wieviel unsere Kollegen vor uns, besonders Chansons und Gisins, in sie investiert haben, damit es jetzt so toll klappt. Denn wir hätten leider auch nicht die Kapazitäten, sie eingehender zu betreuen. Sie sind landesweit aktiv, aber das Hauptaugenmerk ihrer Arbeit liegt in Waldguinea, was von Conakry eine Tagesreise entfernt ist. Die beiden Pastoren führen beispielsweise Aufklärungsseminare durch und bilden auch Frauen darin aus, solche Seminare zu leiten. Sie initiieren Mädchenclubs, in denen unbeschnittene Mädchen sich gegenseitig unterstützen und ermutigen. Sie sprechen mit vielen Eltern, um ihnen zu erklären, wie schädlich diese Tradition ist, und sie lassen sie Selbstverpflichtungen unterschreiben, dass sie ihre Töchter nicht dieser Genitalverstümmelung aussetzen werden. Ausserdem lancieren sie Aufklärungskampagnen bei den örtlichen Verantwortungsträgern und sie betreuen Beschneidungs-Opfer, bei denen Komplikationen auftraten und die deswegen eine medizinische Behandlung brauchen.
Kirche in der Krise
Die EPEG, unsere Partnerkirche in Guinea, befindet sich nun schon seit drei Jahren in einer Führungskrise. Eine Gruppe Pastoren hat (teilweise) berechtigte Kritik an der Leiterschaft geübt – allerdings auf eine nicht so gute Art und Weise. Nun gibt es durch die ganze Kirche hindurch zwei Parteien und mittlerweile auch zwei Leitungsgremien. Das führt dazu, dass praktisch keine Entscheidungen mehr umgesetzt werden können, weil sofort die Autorität in Frage gestellt wird – insbesondere, wenn die Entscheidung unbequem ist. So müssen wir leider sagen, dass das kirchliche Leben, das über die Ortsgemeinde hinaus geht, praktisch komplett lahmgelegt ist. Die Sonntagsgottesdienste finden statt, aber viel mehr auch nicht. Beispielsweise funktionieren die im ganzen Land verteilten Schulen der Kirche zwar – sie werden aber nicht mehr einheitlich koordiniert. Das bedeutet, dass es keine Fortbildungen mehr gibt und die grossen Schulen in die eigene Tasche wirtschaften, statt die kleineren zu unterstützen. Daher ist es auch umso wichtiger hervorzuheben, wie gut die Arbeit der Pastoren Esaïe und Simon-Pierre läuft. Ousmane hatte sich Anfang des Jahres stark vermittelnd eingesetzt und mit allen Konfliktparteien und anderen einflussnehmenden Personen gesprochen. Auch Jürg Pfister, Vorsitzender der Geschäftsleitung von SAM global, hat sich diesen Sommer noch einmal mit Herzblut investiert. Leider sind weiterhin alle Vermittlungsbemühungen im Sande verlaufen, weil jeder auf seinem Standpunkt beharrt und keinen Schritt auf den anderen zugehen will – zu stark sind die Verletzungen und Enttäuschungen und zu schwach der Wunsch nach Versöhnung und der Suche nach Gottes Reich und Seiner Gerechtigkeit. Bitte bleibt dran im Gebet.
Herzlichen Dank für euer Interesse und eure Unterstützung.
Gitte und Ousmane D.