Am 17. August des vergangenen Jahres, eine Woche nach meiner Rückkehr aus der Schweiz, verbrachte ich einen wunderschönen Nachmittag mit Stephen Collins. Wir haben zusammen Kaffee getrunken und er erzählte mir, dass er im letzten Einsatz in vierzehn Tagen mehr als tausend Augenkonsultationen gemacht hatte. Er freute sich schon auf die Reise in der darauffolgenden Woche zusammen mit Dr. João und dem Pflegeteam nach Kuito in Mittelangola.
Es war ein Schock für mich, als ich zwei Tage später vernahm, dass Stephen nach nur wenigen Stunden im Spital in die himmlische Heimat abberufen worden war. Als Trost empfinde ich es, dass seine Schwester und deren Freundin aus Kanada ihn nur wenige Monate vorher in Angola besucht hatten und sie zusammen zu ihrem Geburtsort reisen konnten. Wir sind Gott auch sehr dankbar, dass Stephen bis zum Schluss arbeiten konnte – es wäre für uns nur schwer vorstellbar gewesen, ihn leidend und pflegebedürftig zu sehen.
Aus dem Lebenslauf von Stephen Collins
Stephen Collins wurde 1938 als Sohn von Missionaren in Angola geboren. Seine medizinische Ausbildung absolvierte Steve in Kanada, der Heimat seiner Eltern. Später spezialisierte er sich in Afrika auf Staroperationen. Seine Laufbahn in Augenheilkunde begann er 1998 im Allianzspital in Lubango, von wo aus er zusammen mit SOLE Angola Ausseneinsätze in verschiedene Teile des Landes unternahm. Tausende von Angolanerinnen und Angolaner erlangten durch seinen Einsatz das Augenlicht wieder. Er setzte sich auch im Kampf gegen Krankheiten ein, welche zu Blindheit führen können. Im letzten Jahr wurde er jeweils von Dr. João begleitet, welcher die Operationen übernahm, während Stephen sich auf die Sprechstunden konzentrierte.
Lassen wir David, den Verwalter der Augenklinik «Boa Vista», zu Wort kommen: «Bereits zu seinen Lebenszeiten erhielt Stephen Collins den Übernamen «König Chiuka», nach der Gegend, in der er geboren wurde. Stephen widmete sein Leben der Verbesserung des Augenlichts der angolanischen Bevölkerung und suchte nach Wegen, um gegen die Gründe von Blindheit anzukämpfen. Seine Kenntnisse, vor allem in Bezug auf die Onchozerkose (Flussblindheit – eine Wurmkrankheit, welche zu Blindheit führen kann), gab er an Tagungen weiter, welche vom Gesundheitsministerium organisiert wurden. Ihm war es auch wichtig, die frohe Botschaft von Jesus Christus weiterzugeben. Als Sohn eines Missionars, welcher Lieder in Umbundu komponierte, scheute sich Steve nicht, sogar in der Kirche ein Lied zu unterbrechen, wenn es nicht korrekt gesungen wurde. Dr. Collins war ein sehr aussergewöhnlicher Mensch. Mit grosser Hingabe und Leidenschaft bereiste er sechzehn der achtzehn Provinzen Angolas, um Menschen mit Augenproblemen zu behandeln, und besuchte viele christliche Denominationen. Manchmal war er einen Monat oder länger unterwegs. Mit Enthusiasmus und Liebe zum Nächsten setzte er sich für das Wohlergehen der angolanischen, und in besonderer Weise der ärmeren, Bevölkerung ein. Er hatte eine offene Hand für Menschen, welche nichts zu essen hatten, oder bezahlte ihnen die Operation.
Dr. Collins war ein unermüdlicher Arzt, der die Kapazität hatte, bis zu 50 Konsultationen und noch dazu sieben Operationen am selben Tag zu bewältigen. Steve sang gerne, war oft zu einem Spässchen aufgelegt und die Kinder liebten es, wenn er ihnen Geschichten erzählte. Stephen arbeitete bis nach seinem 85. Lebensjahr und war eine wichtige Quelle des Wissens und der Motivation für junge Ärzte und das Krankenpflegepersonal in Bezug auf die Behandlung von Menschen mit Sehbehinderungen.»
Seinem Wunsch gemäss wurde Stephen Collins im dreissig Kilometer von Lubango entfernten Dorf Huampata, wo er auch gelebt hatte, beigesetzt. Es war sehr eindrücklich, wie viele Personen von Nah und Fern, aus verschiedenen christlichen Gemeinden und Organisationen sowie viele ehemalige Patientinnen und Patienten Stephen auf diesem letzten irdischen Wegstück begleitet haben. Nun kann er zusammen mit den himmlischen Engelschören fehlerlose Lieder singen.
Kurznachrichten
- Im Spital Kalukembe konnte ein renovierter Operationssaal, ein Labor und die Röntgenabteilung eingeweiht werden. Gespräche mit der Regierung in Bezug auf eine zweite Restaurationsphase sind im Gange.
- In der Rehabilitation von körperlich beeinträchtigen Menschen konnten dank des guten Teams im vergangenen Jahr in Lubango und Kalukembe über 2’500 Behandlungen durchgeführt werden. 344 Personen wurden mit deutlich verbesserter Gesundheit entlassen.
- Dank Dr. João und den Besuchsärzten aus dem Ausland konnten, neben des grossen Andranges in der Klinik, die Ausseneinsätze aufrechterhalten bleiben.
- Die Mitgliederversammlung von SOLE mit Neuwahl des Vorstandes wurde verschoben und findet neu am 6. April statt.
Herzlichen Dank allen, welche die Arbeit in Angola in irgendeiner Form unterstützen.
Elisabeth G., Rehabilitation (aktiver Ruhestand)