Guinea

Hunger und Durst nach Gerechtigkeit

27.2.2023
|
5
Min.
Cornelia sitzt mit zwei Frauen draussen und liest einen Vertrag durch

Hier in Conakry, der Hauptstadt Guineas, begegnet uns Ungerechtigkeit auf Schritt und Tritt. Besonders die Situation der Frauen ist deprimierend, aufreibend und ungerecht. So hat für uns der Bibelvers aus Matthäus 5,6 eine neue, tiefere Bedeutung bekommen: «Wie glücklich die, die nach Gerechtigkeit hungern und dürsten! Gott macht sie satt.» Die Situation hier treibt uns Tag für Tag an, weiterzumachen.

Oft verkaufen sich die jungen Teenager-Mädchen an Männer, um Nahrung kaufen zu können. So werden sie manchmal ungewollt schwanger. Es gibt aber auch Männer und Väter, die ihre Familie verlassen oder Frauen, die wegen Misshandlung vor ihren Männern flüchten. So lastet die ganze Verantwortung auf den Schultern dieser Mütter. Sie haben oft nur eine minimale Schulbildung, wenig bis keine Ahnung von Kindererziehung und es fehlt ihnen das Wissen zur Bewältigung des Alltags.

Grittibänzen backen am 6. Dezember 2022

Als Mensch wahrgenommen

Zurzeit besuchen neun junge Frauen die dritte Klasse der Hauswirtschaftsschule, die Anfang September 2022 begonnen hat. Sie kommen aus sechs verschiedenen Ethnien. Acht Frauen sind Mütter und fünf davon alleinerziehend. Sechs dieser Frauen sind heimatlos, kamen vom Land in die Stadt und fanden geduldeten Unterschlupf bei fernen Verwandten oder Bekannten. Alle neun Frauen sind sehr interessiert am Wissen, welches wir ihnen vermitteln. Es geht oft nicht nur um Hauswirtschaftskenntnisse: Wir sprechen auch über Erziehung, Beziehungen, Finanzen, Gesundheit, Ernährung und über den Glauben. Hier ist ein Ort, wo sie echte Anteilnahme erfahren. Sie werden ernst genommen mit ihren Problemen und wir suchen zusammen nach Lösungen. An jedem Schulmorgen erzählen die Frauen, oft strahlend, was sie zu Hause in die Praxis umgesetzt haben. Eine Frau mit vielen gesundheitlichen Problemen hat ihre Ernährung umgestellt, isst viel mehr Früchte und Gemüse und weniger Reis. Seither ist sie viel gesünder und hat an Gewicht verloren.

Lernen, arbeiten, weitergeben

Mitte März 2023 werden die Frauen ihr Diplom zur Hauswirtschafterin erhalten. Bereits haben die meisten Frauen eine Arbeitsstelle angeboten bekommen. Wir suchen aber auch für jede Frau individuell nach Lösungen. Nicht alle können 100% arbeiten, weil sie sich ja auch um die Kinder kümmern müssen. Oft fehlen hier in der Stadt die Grossmütter, die sich normalerweise um die Kinder kümmern würden. Eine Frau der aktuellen Klasse ist daran, ein kleines Reinigungsunternehmen zu gründen. Sie gibt ihr Wissen an einige junge Frauen weiter, schult sie in Reinigung und sucht sich Reinigungs- und Unterhaltsaufträge in Kirchen und Schulen. Diese Multiplikation des Wissens freut uns sehr, und wir unterstützen das, wo immer es möglich ist.

Die eine Hälfte der aktuellen Klasse

Eine wunderbare Geschichte

H. wurde von ihrer Schwester zu uns gebracht und war ganz verzweifelt. Sie ist Mutter von drei Kindern im Alter von 14, 11 und 5 Jahren. Ihr Mann hat sie von einem Tag auf den anderen aus dem gemeinsamen Haus verwiesen und sie floh zu ihrer Schwester, deren Haus jedoch bereits voll belegt ist. So baten sie uns um Hilfe. Ich spürte sofort, dass H. ein gutes Herz hat und wir gaben ihr die Möglichkeit, die Hauswirtschaftsschule zu besuchen. Der Vater der Kinder erklärte sich bereit, für sie ein Haus zu suchen, welches sich jedoch am Stadtrand befindet, gut drei Stunden Fahrt mit dem Taxi von uns entfernt. Seit September übernehmen wir die Kosten für den Lebensunterhalt – Nahrung, Kleidung und Transport. Eine befreundete Kirche in der Schweiz übernimmt die Schulgelder der Kinder für vorerst ein Jahr.
H. hat noch keinen Schultag ausgelassen und macht sich jeweils morgens um fünf Uhr auf den Weg, damit sie rechtzeitig ankommt. Sie ist intelligent, nimmt den Schulstoff gut auf und wendet das Gelernte in Alltag an. Nun hat sie von einem neu eröffneten Spital ganz in ihrer Nähe ein Jobangebot erhalten: für die Leitung der Reinigungsequipe, da sie ja bei uns die Ausbildung macht – eine Kaderstelle! Wir weinten beide vor Freude ob dieser Nachricht. Ihr Vertrauen in Gott, ihr Wille und Lerneifer und ihre Liebe zu den Kindern haben sich gelohnt.

Admin-Büro

Accueil&Admin – was bedeutet das eigentlich...?

Man könnte meinen, dass wir «nur» die Hauswirtschaftsschule im Projekt haben. Dabei ist sie sozusagen «die Kür» unserer Arbeit. Dann ist da aber auch die «Pflicht»:
Accueil: Das ist unser Gästehaus mit sechs Zimmern und insgesamt 15 Betten. Wir beherbergen Gäste primär für die MPA (SAM global), vermehrt auch für Leute aus anderen Organisationen. Unser Standort ist beliebt, da wir Meersicht haben und zentral gelegen sind. Wir beherbergen gerne! Für Einheimische sind wir auch Anlaufstelle für alle möglichen Fragen und Probleme: finanziell, medizinisch, rechtlich…
Admin: Das ist der ganze «Rest»: Finanzen, Geldtransfers, Transporte, Einkäufe, Behördengänge, Bewilligungen, Visabeschaffungen, Führerausweise, Autoreparaturen.
Dies ist ein grosser Bereich, der oft im Verborgenen läuft, aber so wichtig ist, damit die MPA überhaupt funktionieren kann.

Herzlichen Dank für euer Interesse und eure Unterstützung.
Cornelia & Peter F.

Monsieur Pierre bekommt Hilfe in der Admin
SAM global
Projekt unterstützenBeitrag drucken