Guinea

Junge Menschen wahrnehmen und fördern

20.1.2025
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5
Min.
Ein junger Mann steht mit Studentenhut und Schärpe vor einem Plakat mit Bauarbeitern

Anfang Jahr konnten wir eine Reise in den Norden des Landes machen, Freunde besuchen und durch die wunderschöne Natur wandern. Es geht uns gut und wir sind gesund.

Im Moment ergänzt Matteo S. während sechs Monaten unser Team. Er ist Schreiner und unterstützt unter anderem die Zeltmacherausbildung an der Bibelschule in Télékoro. Bald wird Yanick, ein weiterer Kurzzeiter, zu uns stossen. In den letzten Monaten hatten wir immer wieder Besuch, sei es aus der Schweiz oder von Durchreisenden von anderen Organisationen. Das tut uns jeweils gut und hilft uns, ein wenig Abstand zum Alltag zu bekommen.

Unterstützen, stärken und multiplizieren; mit Bildung Leben verändern – dies sind Leitwörter unseres Projekts. Wir arbeiten in einem der ärmsten Länder der Welt. Im Index der menschlichen Entwicklung liegt Guinea auf Platz 181 von 193 (im Jahr 2022). Das monatliche Durchschnittseinkommen beträgt zwischen 45-180 CHF. Im Jahr 2020 lag die Analphabetenquote bei 58.8 %. Dies und vieles andere findet man über Guinea geschrieben, doch wenn dieses Geschriebene tatsächlich unser Alltag ist, dann bekommt es Gesichter mit dazugehörenden Geschichten und wir werden selbst ein Teil davon. Und wir versuchen, uns in dieser Realität zurechtzufinden, ob wir wollen oder nicht.

Die folgende Lebensgeschichte von Pascal steht so oder ähnlich für viele andere hier.

Eine schwierige Kindheit

Pascal K. wird als zweiter Sohn in einem Dorf unweit von Kissidougou geboren. Zu seiner Familie gehören noch vier Geschwister von seiner Mutter und zwei Halbschwestern von der zweiten Frau seines Vaters (Polygamie ist hier sehr verbreitet). Sein Vater war streng, hat seine Kinder jedoch nie geschlagen, weil er selbst in seiner Kindheit von seinem Vater so heftig geschlagen wurde, dass er sein Gehör fast komplett verlor. Die Mutter von Pascal war eher kränklich, weshalb ihr Mann und sie entschieden, dass er noch eine zweite Frau nahm. Pascal absolvierte die ersten sechs Schuljahre im Dorf. Anschliessend ging er in Kissidougou zur Schule und wohnte aus diesem Grund bei einem Onkel. Dort musste er neben der Schule sehr viel für die Frauen des Onkels arbeiten, hatte oft Hunger und wurde allgemein schlechter behandelt als die Kinder des Onkels. Auch für Kleider und Schulgeld musste er selbst aufkommen. Als Pascal 15 Jahr alt war, starb seine Mutter. Das war in der Zeit, als Fredi Raymann, unser Vorgänger, in Kissidougou lebte. Eines Tages fragten Pascal und sein Bruder ihn, ob sie für ihn arbeiten könnten, um etwas Geld zu verdienen. Dies war der Anfang einer langjährigen Freundschaft mit Raymanns und anschliessend mit uns. Annelis und Fredi Raymann halfen den Brüdern, beim Onkel auszuziehen, und gaben ihnen mit ihrer Zuwendung etwas Halt im Leben. Als wir nach Kissidougou kamen, ermutigten wir Pascal, das 10. Schuljahr zu wiederholen und das Gymnasium zu machen, denn wir sahen Potential in ihm. Auch schien er immer mehr Sicherheit im Leben zu finden. In seiner Freizeit war er meist in der Werkstatt anzutreffen und wurde versiert in Mechanik. Emanuel sah und sieht in ihm eine mögliche Stütze für die Zukunft der Werkstatt mit der Lehrlingsausbildung. So hat Pascal nun die letzten drei Jahre in Dakar, Senegal, eine Ausbildung zum Mechatroniker absolviert und als zweiter von 46 Schülern abgeschlossen. Wir sind sehr stolz auf ihn!

Persönliche Begleitung und ein Vorbild sein

Seit November arbeitet Pascal nun als Ausbildner in der Lehrlingsausbildung mit. Vorerst ist er eine Stütze in den praktischen Arbeiten, doch nach und nach, «petit à petit», wie man hier sagt, wird er mehr Verantwortung übernehmen. Wohin dies einmal führen wird, das weiss Gott allein. Im Moment sind es 31 Lernende, welche die dreijährige Ausbildung zum Auto- oder Landmaschinenmechaniker absolvieren. Sie alle haben schon einiges erlebt und alle hoffen sie auf eine bessere Zukunft. Obwohl sie mindestens zehn Jahre lang die Schule besucht haben, ist ihr schulisches Niveau schwach. Nebst Emanuel sind drei Ausbildner für die theoretische und praktische Ausbildung zuständig. Es ist erfreulich, dass die meisten Lernenden nach der Ausbildung auch eine Arbeit finden. Uns ist es auch ein grosses Anliegen, dass die jungen Menschen Jesus kennenlernen. Wenn es passt, erzählen wir davon und hoffen, durch unser Leben gute Vorbilder zu sein. Möge Gott diese Samen auch aufgehen lassen.

Nebst der grossen Arbeit in der Lehrlingsausbildung sind wir weiter engagiert im Unterricht an der Bibelschule in Télékoro und in der Arbeit mit der natürlichen Medizin. Wir danken euch für euer Interesse und eure Unterstützung. Möge Gott es euch vergelten.
Emanuel & Renate W.

SAM global
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