Schweiz

Gott schreibt Geschichte mit Migranten

18.12.2023
|
5
Min.
Eine Frau in einem Häuserquartier. Sie trägt eine Pflanze.

Gott schreibt Geschichte mit Migranten. Nicht nur ab und zu und auch nicht erst in der heutigen Zeit. Man kann die Bibel mit der Brille «Migration» lesen. Dann sieht man lauter Migrationsgeschichten. Und zwar ziehen sich diese wie ein roter Faden durch die ganze Bibel hindurch.
Angefangen hat es bei Adam und Eva, die das Paradies wegen ihres Misstrauens und Ungehorsams Gott gegenüber verlassen mussten. Es geht weiter mit Abraham, Josef, Mose, dem Volk Israel in Ägypten, Ruth der Moabiterin, Daniel der Kriegsgefangene in Babylon und Persien und Esther in Persien. Jesus hat dann die krasseste Migrationsgeschichte erlebt. Er hat aus Liebe zu Gott, dem Vater und zu uns Menschen die strahlende Schönheit der himmlischen Welt verlassen, um in unsere dunkle, abweisende Welt zu kommen. Und es ging weiter. Die ersten Christen in Jerusalem wurden durch Verfolgung wegen ihres Glaubens zu Auswanderern. Spannend dabei: Die Gute Nachricht hat sich oft durch Migrantinnen und Migranten ausgebreitet. Auch in der heutigen Zeit wirkt Gott in und durch Menschen, die durch viel Leiden alles verlassen mussten, an einen neuen Ort kamen und ihr Potential dort einbrachten. Nicht immer, aber immer wieder sind solche Menschen Friedensstifter und Brückenbauer, die ihren Glauben an Christus mit anderen teilen.

Die fehlende Familie ersetzen

Schon viermal haben wir in den vergangenen Monaten als ProCONNECT zum Thema Migration einen Gottesdienst gestaltet. Wir denken, dass Gott uns einheimischen Christen dadurch etwas sagen will und wir die Chance haben, viel zu lernen. Wichtig ist zu verstehen, was Migration für Betroffene bedeutet, welchen Prozess sie durchleben. Dr. Israel Olofinjana hat am 2. Oktober an der «One mission» Tagung drei Phasen aufgezeigt:
Surviving – Überlebensphase – grosse Unsicherheit (fehlende Ausweispapiere, fremde Sprache und Verhalten, fehlende Familie und Freunde).
Existing – Identitätsfragen – Wer bin ich hier? Was kann ich hier? Bedürftigkeit und Einsicht: Ich brauche Hilfe von anderen.
Florishing – Aufblühen. Fremde werden zu Freunden, «Familien-Erfahrungen», vielleicht in einer Kirche, Beitrag in Arbeitswelt und Gesellschaft.

ProCONNECT-Gottesdienst zum Thema Migration

«Ich kam mir vor wie Luft!»

Immer wieder zeigt sich: Die Kirche ist der ideale Ort, damit sich Menschen aus anderen Kulturen im neuen Umfeld einleben können. Manushaqe und ihr Mann kamen vor rund 30 Jahren aus dem Kosovo in die Schweiz. Sie erzählt: «Ja, ich habe diese drei Phasen auch erlebt. Ich erinnere mich so gut, wie fremd mein Mann und ich uns fühlten, als wir den Kosovo und damit alles Vertraute, auch unsere abgeschlossenen Studiengänge, hinter uns liessen und in die Schweiz kamen. In unserer Heimat hatten wir unseren Platz, wir waren Teil von grossen Familien, kannten unsere Fähigkeiten und setzten sie ein. Hier, in der Fremde, fragte ich mich: Wer bin ich? Kann ich hier sinnvoll arbeiten? Nehmen mich die Menschen überhaupt wahr? Manchmal kam ich mir wie Luft vor, weil Leute, die ich beispielsweise im Haus grüsste, nichts erwiderten. Wir hatten das Glück, dass eine Frau aus der Kirche den Mut hatte, uns zwei unbekannte, junge Menschen bei sich in der Wohnung aufzunehmen. Das hat uns sehr geholfen, uns hier einzuleben.»
Ich kenne Manushaqe als eine Frau, die aufgeblüht ist und sich engagiert in Gesellschaft und Kirche einbringt. Nach längerer Zeit in Hilfsarbeitstätigkeiten absolvierte sie mit über 50 Jahren eine Ausbildung und ist nun in leitender Stelle an ihrem Arbeitsort. Durch sie haben schon andere Menschen Arbeit und Perspektive gefunden. Florent, ihr Sohn, ist in der Schweiz aufgewachsen und meint: «Ich bin in zwei Kulturen aufgewachsen und fühle mich beiden zugehörig. Aber ich fühlte mich auch in beiden fremd. In der Schweiz bin ich der Albaner und im Kosovo bin ich der Schweizer.» Zur Aussage, dass die Kirche der beste Ort sei für die Integration von Migranten, weil wir «Geschwister» sind, meint er: «Das ist genau so. Ich kenne viele, die nicht enger mit Schweizern in Kontakt kommen, weder in der Schule noch am Arbeitsort. Dadurch fällt ihnen der Integrationsprozess schwer. Doch in der Kirche können wir nahe mit anderen unterwegs sein. Das ist sehr hilfreich.» Florent bringt nun seine Fähigkeiten und seine Sensibilität anderen Kulturen gegenüber als Teil der Leitung einer interkulturellen, christlichen Schule im Ausland ein.
Unser Blick auf «Fremde» ist entscheidend. Wenn wir Migrantinnen und Migranten mit Gottes Blick anschauen und sie auf dem Weg der Integration begleiten, können sie aufblühen – zur Freude der Menschen und zum Wohl der Gesellschaft.

Ein Herz für «fremde» Menschen

Neu in unserem Team ist Raphael Pfister: 33 Jahre alt, gelernter Automobilfachmann, Arbeitsagoge und begeisterter Nachfolger von Jesus Christus. Er schreibt: «Vor rund vier Monaten sind meine Frau und ich aus Guinea (Westafrika) zurück in die Schweiz gekommen. Wir durften dort in einer kleinen Stadt namens «Macenta» rund ein Jahr lang den Menschen die Gute Nachricht näherbringen und wunderbare Dinge wie Heilungen und Befreiungen erleben und dass Menschen, auch Muslime, sich entschieden haben, Jesus nachzufolgen. Das war genial! Nun möchte ich auch hier Menschen aus anderen Kulturen dienen und die befreiende Botschaft von Nabi Isa Al-Masih (Jesus der Messias auf Arabisch) weitergeben. Wir sind nach Pfeffikon LU gezogen und ich stehe noch ganz am Anfang dieses neuen Dienstes. Ich bin dankbar für jedes Gebet. Möge der Heilige Geist durch uns alle wirken, damit wir unseren Mitmenschen zum Segen werden dürfen.»

Bitte ladet ein Team von uns in Gottesdienste oder Versammlungen ein. Herzlichen Dank fürs Interesse und für eure Unterstützung.
Rahel Strahm, Leitung ProCONNECT

SAM global
Projekt unterstützenBeitrag drucken